Reisebericht, Abenteuer Amazonas

Während ihres 6-tägigen Dschungel-Treks                                                   <  >
mit dem nativen Guide Rudolfo und der deutschen Übersetzerin Simone hat sie den Regenwald im Amazonasgebiet in seinem Spektrum, seiner Mannigfaltigkeit und in der immensen Bedeutung als „grüne Lunge unserer Erde“ hautnah erlebt. Ihre Erfahrungen schildert sie in einem offenen Brief, den sie nachfolgend lesen können. Ihre dort gesammelten positiven Erfahrungen bestärkten Sie einmal mehr in ihrer Motivation und ihrem Ziel sich noch stärker für den Erhalt des Regenwaldes einzusetzen.

 

Eine kleine Reise ist genug, um uns und die Welt zu erneuern
(Marcel Proust)


Lieber Rudolfo, liebe Simone,

Anfang Februar habe ich mir einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Ich buchte eine Reise in das Naturreservat Tanimboca… nach Leticia Kolumbien. Leticia liegt am gigantischen Fluss, dem Amazonas im Dreieck Peru, Brasilien und Kolumbien. Sechs Tage eintauchen in eine mir unbekannte Welt war mein Ziel. Wir in Deutschland und Europa sprechen vom dringenden Erhalt des Regenwaldes, von Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Ich wollte diese Begrifflichkeiten für mich verstehen und mit Leben füllen.

Lernen geht nur über die Verbindung begreifen d.h. anfassen, (Bauch). Darüber nachdenken (Kopf) und mit einer Seele zu versehen (Herz). Diese Art zu lernen habt ihr mit mir gelebt.

 

Die erste Nacht im Naturreservat war ein Bett im Baumhaus 12 m über dem Boden, aber noch lange nicht in den Wipfeln der Bäume. Die Rahmenbedingungen wurden in der ersten Nacht deutlich. Fast 100 % Luftfeuchtigkeit, 30°C und mehr, absolute Dunkelheit (durch die hohen Bäume ist auch der Himmel nicht zu sehen) ausgerüstet nur mit einer Taschenlampe, eine ungewohnte Geräuschkulisse und Lautstärke durch die vielen nachtaktiven Tiere und das alleine Bewohnen des Baumhauses, ohne Strom und Mobilnetz und keine Ahnung wo der Weg zum Haupthaus im Reservat führt. Das bedingungslose Vertrauen in euch als Guides war ab jetzt auch klar. Wie versprochen wurde ich am nächsten Morgen zum Frühstück abgeholt.

 

Umpacken, Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden, Hängematte, Moskitonetz und Mückenschutz einpacken um die nächsten 3 Tage im Wald zu verbringen. Im nach hinein hätte ich noch die Hälfte aus dem Rucksack daheimlassen können. Dazu gehören alle technischen Geräte, mein Buch und Wechselklamotten. Eins war mir schnell klar. Zur Regenzeit und bei den Temperaturen ist eh immer alles nass Und wenn die Sonne kommt ist alles gleich trocken. Der einziger Hinweis von dir an mich war die Bitte Gummistiefel anziehen und zu schauen wo ich hintrete. Für unseren 5 km langen Weg benötigten wir dann tatsächlich 4 Stunden.

Das kann ich hier niemanden wirklich erklären. Deine Geduld mit mir war schon enorm. Ich bin aber noch nie auf so unwegsamen Gelände gelaufen, musste noch nie durch Waser waten dessen Tiefe ich nicht einschätzen konnte. Die kleinen Baumstämme die im Wasser lagen auf denen ich balancieren musste um meine Gummistiefel nicht im Bach zu verlieren, ist bei dir Alltag, bei uns machen das bestenfalls Kinder im Sportunterricht.

 

In einer Hütte eines Indigenen bereiteste du uns ein wunderbares Essen aus Reis, Salat und Fisch. Der „Bewohner“ erzählte mir viel über seine Lebensweise, Kultur und dem Kokaanbau incl. Verarbeitung und Nutzung.

 

Bevor es dunkel wurde hast du für uns einen Lagerplatz gesucht, mitten im Wald neben einem Bachlauf. Meine erste Scheu ins Wasser zu gehen habe ich schnell aufgegeben. Nach dem anstrengenden Marsch kam mir die Erfrischung gerade recht. Für uns hast du ein Feuer entfacht unsere Schlafplätze eingerichtet. Beim Auspacken deines Rucksacks, was wir bei uns eher als Seesack bezeichnen würden, kamen Dinge zu Tage an die ich nicht gedacht habe. Geschleppt hast du für uns über 30 kg.
Zum Vorschein kamen 3 Regenplanen, Kochtöpfe, Nahrungsmittel und ein Filter um das Bachwasser auch für mich trinkbar zu machen. Selbst den Luxus morgens einen Kaffee mit Milch für mich zuzubereiten hast du für mich in den Urwald geschleppt.

 

Schlagartig wird es Nacht. Es ist so dunkel das ich den Weg zu meiner 10 m entfernten Hängematte nicht auf Anhieb finde. Wir sitzen am Feuer, du fragst mich was mich bewogen hat in den Wald zu gehen. Da ich kein Abenteuer suchte, sondern den Wald und die Bewohner verstehen wollte, hast du das Programm für mich darauf ausgerichtet. Viele Geschichten die ihr euch am Feuer erzählt, hast du auch mir erzählt. Am eindrucksvollsten war für mich die Geschichte von Yukupira (Herr*in des Waldes). Diese und ein paar andere Geschichten habe ich mir aufgeschrieben. Falls mich jemand nach der Geschichte fragt, kann ich sie wenigsten Vorlesen.

 

Die erste Nacht in der Hängematte. Gefühlt habe ich nicht geschlafen. Der Wald ist ganz nah um mich rum. Es ist nichts zu sehen, nicht mal die Feuerstelle. Gefühlt bist du rund um die Uhr beschäftigt. Du gehst später Schlafen, bist wach bevor ich aus der Hängematte krieche und kümmerst dich um unsere Versorgung. Auf meinen Wunsch baust du mir eine Bank aus kleinen Holzstämmen und verbindest diese mit Lianen. Du baust einen Speer um Fische zu fangen und zeigst uns wie euer Volk aus Palmenblätter Taschen und Rucksäcke bindet. Die vielen grünen Bäume sehen für mich alle gleich aus. Du kennst jeden einzelnen und kannst mir alles erklären. Die eine Rinde heilt diese Krankheit, dort den Saft der Bäume kann man trinken. Der nächste ist ein heiliger Baum für die Frauen und noch viele Dinge hast du mir gezeigt.

Meine Frage ob ich die Machete mal benutzen darf lehnst du entschieden ab. Entweder ist diese zu scharf für meine ungeübten Hände oder in eurer Kultur gibt man das eigene Werkzeug nicht aus der Hand.

 

Dank meiner persönlichen Übersetzerin Simone habe ich auch alles verstanden was du mir erzählt hast. Liebe Simone, übersetzt du diesen Brief bitte für mich und gibst ihn Rudolfo.

 

Gerne erinnere ich mich mit viel Dankbarkeit an intensive Zeit mit euch im Dschungel von Leticia.

 

Aus Deutschland die besten Grüße Christiane